Die Bedeutung des Verpackungsdesigns hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Heute ist Verpackung weit mehr als nur ein Schutzmittel für Produkte – sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Marketings und der Markenwahrnehmung. Insbesondere in der Luxus- und Premiumbranche ist das Verpackungsdesign oft das erste physische Erlebnis, das der Kunde mit einem Produkt hat. Das Schweizer Unternehmen J. C. Fridlin AG, ansässig in Hünenberg (ZG), bietet faszinierende Einblicke in die Innovationen im Bereich Verpackung. Ihre jüngsten Entwicklungen umfassen einzigartige Box-Konzepte, die den Spagat zwischen Funktionalität, Kundenorientierung und Nachhaltigkeit meistern. Drei Grundkonzepte wurden mit Partnern erarbeitet: Geschenkboxen, eine Gin-Box und eine Merchandising-Box. Alle Konzepte haben zum Ziel, möglichst hohe Flexibilität bei der Bestückung zu bieten und den Kundennutzen zu steigern. Robert Simoni, Verpackungsspezialist bei J. C. Fridlin AG erklärt, dass die konzeptionelle Entwicklung und das Optimieren der verschiedenen Anforderungen crossfunktionales Denken erfordert. Die Produktkonzepte zeigen eindrucksvoll, dass Verpackungen heute mehr können müssen, als nur das Produkt zu schützen. Sie sind Teil des gesamten Kundenerlebnisses und spielen eine Schlüsselrolle in der Kommunikation der Markenwerte.
Das Verpackungsdesign fokussiert auf eine Vielzahl von Aspekten, die sowohl die Funktionalität als auch die ästhetische und emotionale Wirkung der Verpackung auf den Kunden maximieren. Im Folgenden werden einige zentrale Kriterien erläutert.
Kundennutzen und Vielseitigkeit
Ein entscheidender Aspekt bei der Entwicklung war, die Verpackungen modular und vielseitig einsetzbar zu gestalten. Das bedeutet, dass sie für verschiedene Produkte und Zwecke verwendet werden können. Die modulare Einlage, ein innovativer Doppel-Stanzriss, erlaubt eine flexible Positionierung der Inhalte. Dadurch wird nicht nur eine maximale Anpassbarkeit erreicht, sondern auch die Werkzeugkosten werden minimiert.
Haptisches Premium-Erlebnis
Beim Öffnen einer Verpackung spielt die Haptik eine entscheidende Rolle. Ein Premium-Erlebnis, bei dem der Kunde schon beim Berühren und Öffnen der Verpackung die Qualität spürt. Dieses Erlebnis wird durch den Einsatz von hochwertigem Material und intelligenter Gestaltung unterstützt, wodurch die Verpackung zu einem bedeutenden Bestandteil der Markenwahrnehmung wird.
Versandfähigkeit und Nachhaltigkeit
Neben der Präsentation muss die Verpackung auch versandfähig sein. Dies bedeutet, dass sie robust genug sein muss, um die Produkte während des Transports zu schützen, ohne dabei unnötige Materialien zu verschwenden. Die Verpackungen sind zudem monomaterial konzipiert, was im Hinblick auf die bevorstehende Recyclingverordnung für Verpackungen und -abfälle (PPWR) ab Q4 2024 von grosser Bedeutung ist.
Die PPWR hat klare Ziele: Sie soll die Vermeidung von Verpackungsabfällen fördern und das Recycling unterstützen. Sie gilt für alle Verpackungen, unabhängig vom verwendeten Material, und umfasst sowohl Verpackungen aus der Industrie
als auch solche, die in privaten Haushalten anfallen. Durch den Einsatz von Monomaterialien wird nicht nur die Wiederverwertbarkeit der Verpackungen erleichtert, sondern auch aktiv zur Zielerreichung der PPWR beigetragen.
Optimierung des Produktmarketings
Ein weiterer cleverer Aspekt ist der Blindboden, der nicht nur zur Stabilität beiträgt, sondern auch als Träger für Produktmarketing dient. Er bietet eine zusätzliche Fläche, um Produktinformationen oder Werbebotschaften zu platzieren.
Digitale Integration: Verpackungen im Zeitalter von NFC und Social Media
Ein besonders innovativer Ansatz ist die Integration digitaler Technologien in das Verpackungsdesign. Mithilfe von QR-Codes oder NFC-Technologie können Verpackungen direkt mit der digitalen Welt verbunden werden. Dies eröffnet ein ganz neues Level des Product-Based Storytelling. Das Schweizer Technologieunternehmen Zatap aus Winterthur (ZH) bietet eine Lösung, die es Marken ermöglicht, Kunden direkt über das Produkt kennenzulernen und anzusprechen. Die Interaktion zwischen Marken und ihren Verbrauchern wird dabei revolutioniert. Die Vision von Zatap ist, jedes physische Produkt zu einem magischen Hub in die digitale Welt einer Marke zu transformieren, um auf diese Weise die Konsumenten kennenzulernen und ihnen über ihr Produkt ein immersives «phygitales» [1] Erlebnis anzubieten. Durch NFC-Technologie können Geschichten über das Produkt erzählt, Erinnerungen gespeichert, Event-Tickets verbunden und sogar digitale Zwillinge erstellt werden, welche als Echtheitsgarantie des physischen Produktes fungieren.
Für Marken ergibt sich dadurch eine völlig neue Dimension im Product-Commerce: Digitale Kampagnen können direkt auf den physischen Produkten aktiviert werden, wodurch Vorverkaufsrechte, Rabatte für treue Kunden oder Upund Cross-Selling-Angebote vereinfacht werden. Verpackungen oder insbesondere auch die physischen Produkte selbst werden so zum zentralen Berührungspunkt zwischen Marke und Kunde, der weit über den eigentlichen Kauf hinausgeht und zusätzliches Kunden-Engagement schafft.
Verpackungen sind kommunikative, ästhetische und funktionale Schnittstellen zwischen Marken und Kunden. Mit den entwickelten Verpackungslösungen vereinen sie Modularität, Nachhaltigkeit, digitale Integration und ein haptisches Premium-Erlebnis. Im Zeitalter von zunehmendem Onlinehandel und strikteren Umweltauflagen wie der PPWR ist es wichtiger denn je, Verpackungen ressourcenschonend, wiederverwertbar und kundenorientiert zu gestalten.
[1] «phygital» ist eine Kombination der Wörter «physisch» und «digital»
Hanspeter Häfliger, Leiter Einkauf J. C. Fridlin AG