André Gierke, Inhaber der deutschen EPR compact GmbH & Co. KG, startete die SVI-Talks mit der Frage «Wie überlebe ich den regulatorischen Tsunami der PPWR?», der neuen europäischen Verpackungsverordnung, die noch vor der Neuwahl des EU-Parlaments im Juni verabschiedet werden soll. «Die PPWR wird in der Tat ein regulatorischer Hammer mit einer klaren Botschaft und einer eindeutigen Handschrift» des sogenannten Green Deals der EU. Jeder, der mit Produkten handelt, trägt künftig eine Verantwortung. Dabei werden auf allen Ebenen Verpflichtungen eingeführt wie Transparenz, Spezifikation, Messbarkeit sowie Digitalisierung und alle diese Aspekte werden hochgradig vollziehbar. Bezüglich der Anforderungen werden Verpackungen als Teil der Produkte angesehen. Es wird Materialbeschränkungen geben, die Recyclingfähigkeit aller Verpackungsteile sowie ein Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen gefordert. Für an Obst und Gemüse angebrachte Aufkleber wird die Kompostierbarkeit Pflicht. Gewicht und Volumen der Verpackung soll auf Basis festgelegter Leistungskriterien minimiert werden. Generell sollen Mehrweg-Systeme, Pfand und Refill gefördert werden. Die PPWR erfordert künftig konforme Verpackungen, korrekte Kennzeichnung und technische Dokumentation für alle Verpackungen. Alle Beteiligten in der Lieferkette bekommen klare Aufgaben zugewiesen: Erzeuger, Importeur, Hersteller, Marktplatzbetreiber, Vertreiber und auch die zuständen Behörden. Generell wird der Aufwand für alle massiv steigen und die internen sowie externen Prozesse müssen neu justiert werden.
Severin Kasper von der Model AG referierte über die «perfekte E-Commerce-Verpackung». Bei Model wird unterschieden zwischen drei Verpackungsarten: Versandboxen (beispielsweise für Elektrogeräte, Spielzeug, Mode), Versandtaschen (beispielsweise für Mode, Bücher, Kleinteile) und Thermoboxen (für Lebensmittel und Pharmaprodukte). Welche Versandboxen zum Einsatz kommen, hängt davon ab, wie viel Pakete pro Tag versendet werden. Je mehr Pakete, desto höher kann die Anzahl der Standardgrössen sein, die auf Lager gehalten wird. Bei Standardverpackungen ist generell Polster- und Füllmaterial notwendig. Hinzu kommen Klebebänder, um die Verpackungen zu verschliessen. Falls immer die gleichen Produkte in höheren Mengen versendet werden, sind individuelle Verpackungen sinnvoll. Ab etwa 200 Paketen pro Tag kann der Einsatz von massgeschneiderten Verpackungen sinnvoll sein, die von einer Maschine vor Ort produziert werden. Ab etwa 750 Paketen pro Tag würde eine Vollautomatisierung der Versandverpackungen Sinn machen. Für kleinere Produkte kommen Versandtaschen zum Einsatz. Hier gibt es vier Arten: Wellpappen- Couverts, Papierbeutel, Papierbeutel mit Polsterung sowie On-Demand-Papierbeutel. Bei Thermoboxen gibt es sehr viele verschiedene Lösungen am Markt, bei denen die Isolation durch unterschiedliche technische Lösungen realisiert wird. In der Regel sind Thermoboxen bis 48 Stunden Transportzeit geeignet, darüber hinaus sollten zusätzliche Kühlakkus oder -pads zum Einsatz kommen.
«Die Integration von Künstlicher Intelligenz –Chancen, Herausforderungen und Zukunftsaussichten » war das Thema des Referats von Dr. Marc Holitscher, National Technology Officer & Member of the Board bei Microsoft Switzerland. Künstliche Intelligenz ist bereits seit vielen Jahren im Einsatz, sei es bei der Erkennung von Objekten, Spracherkennung, maschineller Übersetzung, Bildbeschriftung oder neu der Beantwortung von Fragen und Erstellung von Texten. Schnittstelle zu dieser Technologie ist die menschliche Sprache. Noch nie wurde eine Technologie so schnell kommerzialisiert wie ChatGPT, das in allen Industriebereichen eingesetzt wird. Basis der Entwicklung von generativer KI ist die Datenspeicherung in der Cloud und die Möglichkeit, riesige Datenmengen in Rechenzentren extrem schnell zu verarbeiten. KI ist im Grunde die Automatisierung der Prognose. Der Einsatz von KI in unserer Branche ist beispielsweise vorstellbar im Bereich Verpackungsdesign zur Trendanalyse und Inspiration, Personalisierung und Anpassung, automatisierten Layout-Gestaltung, Farb- und Schriftauswahl, Mock-up-Erstellung oder Wettbewerbsanalyse.
Schweizerisches Verpackungsinstitut SVI